Zum Hauptinhalt springen

Geburtshilfe geht alle an

Geburtshilfe geht uns alle an:
Sie gehört in die Mitte der Gesellschaft!
Widersprüchlicher können die Signale rund um die Geburt nicht sein: Während bereits 2016
das Nationale Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt“ verabschiedet wurde,
schließen bundesweit immer mehr Kreißsäle, auch in Ostfriesland. Der deutsche
Hebammenverband benennt 101 geschlossene oder von der Schließung bedrohte Kreißsäle seit 20151. Es scheint zu einer neuen Normalität geworden zu sein, dass kleine
Geburtsstationen schließen, weil sie sich nicht rechnen. Wenn Frauen die Wahl haben,
entscheiden sie sich oft für kleine, persönliche Einrichtungen mit privater Atmosphäre. Doch
diese Wahl haben sie immer weniger. Stattdessen werden zentrale Geburtskliniken finanziert, die erst ab mindestens 500 Geburten wirtschaftlich arbeiten können.
In Ostfriesland schloss 2003 bereits die Geburtshilfe in Norden, 2019 folgte Wittmund und
nun schließt auch Emden den Kreißsaal. Geburten in einer Klinik sind nun nur noch in Aurich und Leer möglich. Gleichzeitig steigt die Anzahl der Geburten. „Es ist für mich
unverständlich, wie die Geburtshilfe in Emden von 769 im Jahr 2017 auf ca. 417 Geburten im Jahr 2020 gesunken ist, während in allen umliegenden Krankenhäusern die Zahlen gestiegen sind.

Ebenso erstaunlich ist, dass aufgrund der Schließung in Emden keine Aufstockung in der
Versorgung in Aurich erfolgt. Die Kolleginnen machen bereits jetzt ständig Überstunden, wie
sollen sie dann noch die zusätzlichen Geburten auffangen können?“ fragt Veronika Bujny,
Vorsitzende des Hebammenverbandes Niedersachsen.

Das Nationale Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt“ wurde zwei Jahre von einer Expert*innengruppe erarbeitet und gemeinsam verabschiedet. Darin heißt es: „Die Geburt eines Kindes ist eine der grundlegenden Lebenserfahrungen für eine Frau. Ziel jeglicher Bemühungen vor, während und nach einer Geburt muss sein, die Gesundheit von Mutter und Kind zu erhalten und zu stärken.“2 Empfohlen wird ein frauzentriertes Konzept zu erarbeiten und umzusetzen und während der Geburt eine kontinuierliche Betreuung jeder Schwangeren durch eine Hebamme zu gewährleisten.
Das bedeutet, die Frau mit ihren Wünschen und Bedürfnissen in den Mittelpunkt der Geburtshilfe zu stellen. Im Rahmen der Auricher Frauenwochen befassen wir uns seit einigen Jahren damit, wie Frauen sich Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett wünschen. Ganz oben auf der Liste steht eine wohnortnahe Versorgung. Doch gerade diese ist durch die Schließung von Kreißsälen immer weniger vorhanden. „Das ist besorgniserregend für schwangere Frauen. Die Geburt ist das zentrale Ereignis, auf das Frauen mit Beginn der Schwangerschaft hinfiebern und an das sie später immer wieder zurückdenken. Es ist eine sehr verletzbare Zeit, in der Frauen eine stabile, umsorgende und verlässliche Umgebung brauchen.“ macht Tanja Gerdes, Regionalkoordinatorin der Elterninitiative Mother Hood e.V. deutlich. „Es kann nicht sein, dass Frauen in dieser Situation quer durch Ostfriesland fahren müssen! Wir müssen auch hier die Gesundheitsziele umsetzen.“


Aurich ist CEDAW-Modellregion für das Thema „Gesunde Geburt auf dem Land“ in Niedersachsen. Ziel dieses Projekts ist es, Frauenrechte als Menschenrechte sichtbar zu machen und alle Formen der Diskriminierung von Frauen abzubauen. „Dazu brauchen wir verlässliche Strukturen, “ so Birgit Ehring-Timm, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Aurich und Sprecherin des niedersächsischen Aktionsbündnisses Gesundheit rund um die Geburt. „Es gibt einen Versorgungsauftrag für die Region und es ist eine politische Verantwortung die Rahmenbedingungen zu schaffen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Frauenrechte sukzessive abgebaut werden. Stattdessen brauchen wir eine frauenzentrierte Geburtshilfe, die angemessen finanziert wird. Das Thema gehört in die Mitte unserer Gesellschaft!“ Die Sicherstellung der Wahlfreiheit des Geburtsortes und eine flächendeckende Versorgung von Frauen bei Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (ambulant und stationär), sowie eine eins-zu-eins-Betreuung während der Geburt sind zentrale Forderungen.

Wie eine Frau die Geburt erlebt, ob sie sich sicher fühlt und in ihre Kraft kommen kann oder ob sie sich den Umständen angstvoll ausgeliefert erlebt, hängt zentral mit den Rahmenbedingungen zusammen. Eine stärkende Geburt braucht Nähe, Bezugspersonen, Vertrauen und die Berücksichtigung der persönlichen Situation. Notwendig ist auch die Begleitung durch eine erfahrene Hebamme, die Zeitressourcen hat und sich auf die Situation einstellen kann. Diese Bedingungen lassen sich kaum in einer Stresssituation (die eine Geburt auch immer ist) in einer fremden Klinik herstellen, die dann angefahren werden muss, wenn es keine wohnortnahen Möglichkeiten mehr gibt oder diese überbelegt sind.
Die Elterninitiative Mother Hood e.V. macht sich für die Interessen der (werdenden) Eltern stark. Sie hat einen Fragebogen für Mütter und einen für Väter entwickelt, um einen Eindruck über die Stimmung während der Pandemie zu bekommen. Diese können weiterhin ausgefüllt werden, sie sind unter folgenden Links zu finden:


https://auricherfrauen.de/mh-umfragemuetter
https://auricherfrauen.de/mh-umfrage-vaeter


Gleichzeitig lädt die Elterninitiative zum Online-Erfahrungsaustausch zum Thema „Geburt in Zeiten der Pandemie“ ein. Dieser findet am Montag, 12.04.2021 von 19:30 Uhr bis 21.30 Uhr statt. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist jedoch unbedingt unter aurich@motherhood.de bis zum 11.04.2021 erforderlich. Der Link mit den Zugangsdaten wird anschließend per Mail versendet.

Weitere Informationen und Termine für die nächsten Gesprächsrunden finden sich auch unter www.auricherfrauen.de

Ansprechpartnerin für weitere Fragen:
Birgit Ehring-Timm
Stadt Aurich Gleichstellungsbeauftragte
Bgm.-Hippen-Platz 1, 26603 Aurich
Tel.: 0 49 41 - 12 19 00 mailto: ehring-timm@stadt.aurich.de www.auricherfrauen.de


Tanja Gerdes Regionalkoordination Aurich Telefon: 01520/1860102 E-Mail: t.gerdes@mother-hood.de Mother Hood e.V. – Bundeselterninitiative zum Schutz von Mutter und Kind während Schwangerschaft, Geburt und 1. Lebensjahr www.mother-hood.de